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Im Sommer 1995 habe ich mein Heavy Tools nach nur zwei Jahren verkauft, weil ich endlich ein renntaugliches Mountainbike fahren wollte. Zu dieser Zeit träumten wir alle von einem GT Zaskar, Klein AttitudeRocky Mountain Vertex oder wie sie alle hießen. Auch aus Deutschland kamen einige hochwertige MTB-Rahmen. Ich wollte etwas Besonderes haben und habe mir ein starres Nöll M5 zugelegt.

Mein Nöll M5 im Frühjahr 2007 kurz vor seiner Pensionierung. Mit diesem Aufbau war ich zuvor etliche Jahre im Nordschwarzwald unterwegs. Heute dient es als Reiserad und muss nicht mehr ins Gelände.

Mein Nöll M5 im Frühjahr 2007.

Den roten Rahmen in der passenden Größe entdeckte ich in einem kleinen Radsportgeschäft in Clausthal-Zellerfeld und er verdrehte mir sofort den Kopf. Ich musste dann fast ein ganzes Semester meines Studiums schwänzen, um mir das Geld dafür und für die Anbauteile zu erarbeiten. Heraus kam ein erstklassiges Racebike im Stil der frühen 90er Jahre.

Vom Racebike ...

Das Nöll M5 ist ein extrem agiles Mountainbike, insbesondere mit Starrgabel und dem damit verbundenen sehr kurzen Radstand. Die Wendigkeit liegt fast schon auf Rennrad-Niveau. Der Rahmen ist, wie jedes Nöll, muffenlos gelötet. Es handelt sich bei den Rohren meines Wissens nicht um einen Rohrsatz, sondern um Einzelrohre von Mannesmann. Die Preise für die Rahmen lagen natürlich auf entsprechendem Niveau. 

Ich erinnere mich noch daran, wie ich zusammen mit meinem Freund Carsten, der zeitgleich einen Klein-Rahmen angeschafft hatte, stundenlang bei ihm auf der Veranda saß und wir zusammen unsere Räder aufgebaut und optimiert haben. Als alles fertig war, sind wir zu einer gemeinsamen Radreise nach Schottland aufgebrochen. Danach haben wir zusammen die Dresdner Heide unsicher gemacht. Nach meiner Rückkehr an die Uni lernte das Bike jeden Winkel des Oberharzes kennen.

Dort hatte ich meine 15 Minuten, als ich zusammen mit Carsten die Hobbyklasse des Harz-Cups gewann; er auf seinem Klein, ich auf meinem Nöll. Eine wunderbare Zeit! Noch heute fühle ich mich wieder wie 23, wenn ich mich auf mein M5 setze.

Der zum dritten Mal lackierte Rahmen und die schon montierte Starrgabel im Frühjahr 2004. Die Gabel wurde zehn Jahre später bei einem Rückflug von den Färöer stark beschädigt.
Die Campagnolo Record O.R. war die beste Cantilever-Bremse, die ich kenne. Für den Einsatz mit Ceramic-beschichteten Felgen hatte ich allerdings Shimano-XTR-Bremsschuhe montiert. Inzwischen habe ich die Bremsen aber durch V-Brakes der Shimano Deore XT ersetzt.
Ich weiß gar nicht mehr, wie dieses Rennrad-Schaltwerk an das Rad kam. Aber mit dem langen Käfig macht es auch am Mountainbike und erst Recht am Reiserad eine gute Figur.
Die DT-Hügi-Nabe hatte leider irgendwann einen Lagerschaden und wurde durch ein neueres DT-Modell ersetzt. Die Kassette ist ebenfalls Ultegra und optimal für die Reise.

Details und Komponenten

Ursprünglich hatte ich mein erstes Nöll mit wenigen teuren und vielen billigen Komponenten aufgebaut. Später habe ich dann alles, was kaputt ging, durch etwas Hochwertiges ersetzt. Inzwischen ist kein einziges Original-Anbauteil mehr übrig, und selbst der Rahmen ist nur noch zur Hälfte im ursprünglichen Zustand, denn Ober-, Unter- und Steuerrohr mussten nach einem Bruch ersetzt werden. Bei einem Sturz hatte sich die Spitze eines Felsblocks ins Oberrohr gebohrt. Das hielt dann zwar noch zwei Jahre, brach aber dann ausgerechnet Ende 1999, als ich mit dem Rad in den USA war.

Der Rahmen geht nun schon auf die 30 zu. Er hat viel mitgemacht, inzwischen hat er den vierten Lack bekommen. Das Erscheinungsbild des Rades hat sich im Laufe der Zeit stark gewandelt und sein Einsatzzweck auch. Aber ich muss schon sagen, dass ich sehr an ihm hänge. Vermutlich bette ich ihn irgendwann an einer Garagen- oder Treppenhauswand zur letzten Ruhe.

Mein Nöll M5 kurz nach dem ersten Aufbau im Jahr 1995. Der Vorbau ist noch etwas zu lang und muss später noch mal getauscht werden.
2004: Nach einem Unfall, der später zu einem Rahmenbruch führte, wurde das vordere Rahmendreieck erneuert und der Rahmen neu lackiert. Leider gab es die rote Farbe nicht mehr. Hier habe ich die Campagnolo-Schaltwerke schon wieder durch Shimano ersetzt.
2007: Mit seinem Lack hatte Nöll Probleme nach der Änderung von Umweltauflagen. Der alte blätterte an einer Stelle ab und musste erneuert werden. Kurz danach verabschiedete sich eine der Kurbeln. Austausch erfolgte gegen eine XTR-Garnitur.

Das Nöll M5 im Wandel der Zeit.

Leider habe ich kaum Bilder und auch keine genauen Erinnerungen mehr an die wechselnden Komponenten während der langen Nutzungsdauer. Irgendwann hatte ich sogar mal eine Campagnolo-Record-O.R.-Schaltung montiert, mit Daumenschalthebeln und angepassten Abstandsscheiben in der Shimano-Kassette. Ich weiß gar nicht, was daraus geworden ist, schade. Erst in der Smartphone-Zeit ab den späten Nuller Jahren habe ich dann immer mal ein Foto gemacht.

... zum Reiserad

Der Rahmen lässt sich nicht mit einer Federgabel ausstatten, deshalb habe ich mich 2008 dazu entschlossen, ein neues Mountainbike als Hardtail aufzubauen. Seitdem verwende ich mein altes Nöll als Reiserad, auch wenn dieser Einsatzbereich bei der Wendigkeit des M5 suboptimal ist.

Das Nöll M5 ist eigentlich kein echtes Reiserad, dazu ist es viel zu wendig. Aber so hat es immerhin noch eine Aufgabe.
Vor meiner Island-Tour montiere ich größere Reifen und Schutzbleche. Hier fehlen jetzt nur noch die Hörnchen. Zu sehen ist auch die neue (und längere) Surly-Gabel, die Fahrverhalten und Sitzposition etwas reisetauglicher macht.
Mit vollem Gepäck im Jahr 2019 auf Island.
Nach dem Umbau beim Hersteller gelingt die Gepäckträgermontage jetzt ohne Gefummel. Das hintere Schutzblech lasse ich vielleicht dauerhaft weg, mal sehen. Neu sind auch die V-Brakes statt der Campa-Cantis.

Das agilste Reiserad der Welt.

Achim Nöll war Anfang der Neunziger Jahre fast wo etwas wie ein Guru der Stahlrahmenszene. Gerüchteweise fanden ihn manche Kunden etwas sperrig, aber das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Sagen wir mal so: Er ist eine angemessen starke Persönlichkeit, so wie die meisten anderen Rahmenbauer auch.

Mittlerweile ist er in Rente gegangen und hat seine Fahrradmanufaktur geschlossen. Trotzdem ist es mir 2021 noch einmal gelungen, den Meister für einen Umbau zu gewinnen. Die Idee mit der weißen Farbe war seinerzeit nicht so weise, nach ein paar Jahren im Nordschwarzwald sah das M5 schon arg lediert aus.

Die vielen Jahren im Gelände und auf Reisen sieht man dem Rahmen an. 2021 geht er zum letzten Mal zum Hersteller und soll dort Anlötteile für Gepäckträger und V-Brakes und noch einmal neuen Lack bekommen.
Mai 2022: Der inzwischen vierte Lack am M5. Nach dem originalen Rot, dem ich wirklich hinterhertrauere, später dann Nöllblau und Weiß, nun also Ultramarinblau.
Der Cantilver-Steg ist verschwunden. Stattdessen gibt es jetzt Anlötteile für den Gepäckträger und eine Öse für ein Schutzblech.
Auch untenrum ist eine Schutzblech-Öse hinzugekommen.
Das obere Loch der Zugführung wird nun frei bleiben. Stattdessen werde ich den neuen V-Brake-Anschlag nutzen.
Der Neuaufbau, wenn auch mit den teils uralten Komponenten, macht wie immer einen Heidenspaß.
Das fertige, neu gepulverte Reiserad wartet auf seinen ersten Einsatz. Mit einem MTB, noch dazu einem Racebike, hat es optisch und auch vom Fahrverhalten her leider nichts mehr zu tun.
 

Alles neu macht der Mai '22.

Bei dieser letzten Gelegenheit für eine neue Pulverbeschichtung ließ ich mir auch gleich noch Anbauteile für Gepäckträger und Schutzbleche einsetzen. Und da meine Campagnolo-Cantilever inzwischen wirklich reif fürs Museum sind, ließ ich den Rahmen auch noch für die Montage von V-Brakes umrüsten. Damit ist das vermutlich älteste im Einsatz befindliche M5 der Welt wieder fast wie neu.

Aktuelle Komponenten

Bauteil Spezifikation
Rahmen Nöll M5
Gabel Surly Troll
Steuersatz Acros AH-34
Vorbau Syntace Force 99
Lenker Salsa Moto Ace Flat
Hörnchen Scott RC Stix Bar Ends
Sattelstütze Control Tech One
Sattel Selle Italia Flite Classic
Innenlager Shimano BB-MT800
Kurbeln Shimano XTR FC-M970, 44-32-22
Pedale Shimano XTR PD-M970
Kassette Shimano Ultegra CS-6500, 12-27
Kette Shimano HG93
Schaltwerk Shimano Ultegra RD-6500
Umwerfer Shimano Deore XT FD-M750
Schalthebel Shimano Deore XT SL-M750
Bremsen Shimano Deore XT BR-T780
Bremshebel Shimano Deore XT BL-T780-B
Nabe vorn DT Swiss 240 MTB
Nabe hinten DT Swiss 350 MTB
Speichen DT Swiss Revolution
Felgen DT Swiss XR 4.1 ceramic
Reifen Schwalbe Marathon Mondial Evolution
Schläuche Schwalbe 12A
Schnellspanner Tune AC 16/17