Fuhrpark
Nöll M5 Space
Eigentlich war ich ja mit meinem ungefederten Mountainbike glücklich. Richtig rasante Abfahrten im Gelände waren damit zwar nicht möglich, aber ich habe da lange nicht wirklich etwas vermisst. Ab 2008 bis zu meinem Abschied aus Karlsruhe war ich Mitglied im hiesigen Mountainbike Club. Und spätestens dann musste ich mir ein neues Rad aufbauen, um halbwegs mitfahren zu können.
Das beste Racebike der Welt
Nach einem Fehlversuch bei der Konkurrenz habe ich mich für ein maßgeschneidertes Nöll M5 Space entschieden. Handgefertig aus 34CrMo4-Stahl, muffenlos gelötet, die technologische Spitze des Stahlrahmenbaus. Mehr Stabilität bei gerade noch akzeptablem Rahmengewicht kann man für Geld wahrscheinlich nicht bekommen.
Zugegeben: Man muss schon genau wissen, was man tut, wenn man sich heutzutage ein Stahl-Hardtail zulegt, noch dazu als Maßrahmen. Ich würde das niemandem empfehlen, der unbedarft auf der Suche nach einem Mountainbike ist. Jetzt, nachdem Achim Nöll in Rente gegangen ist und nach eher zweifelhaften Erfahrungen bei anderen Stahlrahmenherstellern würde ich es vielleicht auch nicht noch mal machen. Aber damals war es genau die richtige Entscheidung und ich habe sie nicht bereut. Höchst exklusiv ist das MTB auf jeden Fall, wobei selbst Kenner gewöhnlich erst auf den zweiten Blick sehen, was für ein Kleinod sich da hinter der Allerweltsoptik versteckt.
Die Fahreigenschaften dieses Rades sind phänomenal. So lange auf dem Trail nicht zu große Felsbrocken oder Treppenstufen im Weg sind, macht das Fahren mit diesem Rad mehr Spaß als mit jedem anderen Cross-Country-Hardtail. Die Wendigkeit, der steife, aber halbwegs komfortable Rahmen, die direkte Lenkung, die perfekt ausgewogene Geometrie, das schlägt einfach alles. Das Rad ist natürlich kein Abfahrtswunder, dafür aber eine Bergziege.
Weil ich das Rad nun fast nur noch im Winter einsetze, habe ich recht grobstollige Reifen aufgezogen (Schwalbe Hans Dampf). Das ist toll bei Schnee und Matsch, nimmt dem Bike aber leider etwas von seiner Spritzigkeit. Für den Sommer habe ich zwar irgendwo noch einen Satz Rocket Ron herumliegen. Aber in den warmen Jahreszeiten fahre ich ja doch eher Fully oder Rennrad. Na ja, und um mal ganz ehrlich zu sein: Der Lenker ist doch etwas schmal für heutige Geschmäcker und der Federweg von 80 Millimetern ist auch nicht gerade State of the Art. Im Großen und Ganzen ist mein zweites Nöll also inzwischen auch eher ein Retro-Bike. Aber ich liebe es.
Stahlrahmen-Philosophie
Warum Stahl? Und wenn Stahl, warum dann nur muffenlos gelötet? Warum ein Maßrahmen? Und von welchem Hersteller? Diese Fragen habe ich mir alle mal gestellt, aber eine eindeutige Antwort gibt es nicht. Stahlrahmenfans werden immer genau erklären können, warum es nur Stahl sein darf. Und zwei Drittel von denen werden genau wissen, warum Schweißen das Rohr zerstört, Löten aber die Festigkeit erhält und der Rahmen deshalb ewig lebt. Und dann wissen einige natürlich auch, dass der Rahmen keine Muffen haben darf, da sich das Silberlot sonst nicht so gut verteilen kann und so geht das immer weiter.
Da wird viel Unfug verbreitet, zum Beispiel der Gassenhauer mit dem "Weichtreten" oder dass Aluminiumrahmen grundsätzlich irgendwann brechen. Manches davon hat einen wahren Kern, aber im Wesentlichen sind die Unterschiede zwischen einzelnen Rahmenmodellen viel wichtiger als solches Schubladendenken.
Irgendwann war ich auch mal der größte Stahlrahmenfan aller Zeiten, aber das hat sich wieder gelegt. Man wird älter und erfahrener. Ich fahre jetzt Stahl, Alu und Carbon und sehe das alles immer entspannter. Obwohl ... eine ultimative Wahrheit bleibt natürlich: Ein auf Maß mit dem Laserstrahl geschnittener, muffenlos gelöteter 34CrMo4-Rahmen von Achim Nöll ist so ziemlich das geilste, was man besitzen und fahren kann, Punkt.
Komponenten-Philosophie
Bei meinem alten, ungefederten Nöll M5 hatte ich nach etlichen Jahren ein ziemliches Durcheinander an Komponenten. Manche sind 22 Jahre alt, andere zwölf, einige nur zwei. Das wollte ich diesmal vermeiden und eigentlich immer versuchen, innerhalb der ursprünglichen Produktgeneration zu bleiben, also in diesem Fall bei der XTR M97x.
Das klappt schon nicht mehr ganz so gut, weil es ein paar Verschleißteile jetzt schon nicht mehr gibt, konkret Ritzelpaket, Kettenblätter und Innenlager. Es ärgert mich ein bisschen, dass ich da nicht früher vorgesorgt habe. Die Federgabel werde ich wohl auch nicht mehr warten können, jedenfalls nicht direkt von Magura, denn die haben die Gabel-Produktion leider eingestellt. Na ja, und auch ansonsten bricht hoffentlich nichts durch oder ab.
Ein kleines Verschleißteil-Sortiment habe ich mir mal noch ins Regal gelegt. Es besteht aus Schaltzügen, Bremsleitungen, Bremsbelägen, ein paar 9-fach-Ketten, einem XT-Ritzelpaket und kürzlich habe ich sogar noch ein Original-Innenlager und drei XTR-Kettenblätter auftreiben können. Die sind zwar nicht nagelneu, aber noch fast neuwertig.
Mein Komponentenverschleiß hat ja stark nachgelassen, seit ich nicht mehr so viel damit fahre. Ich werde die nächsten Saisons bestimmt überleben. Wenn ich in fünf oder zehn Jahren nichts mehr tauschen kann, dann kommt das Rad eben ins Museum und ich kaufe mir mal wieder ein neues Hardtail, auch wenn es dann kein Nöll mehr sein wird.
Modellpflege
Anfang Mai 2022 ist der Rahmen von seinem letzten Besuch beim Hersteller zurückgekehrt. Eigentlich sollte nur der Lack erneuert werden. Es hat sich aber dabei herausgestellt, dass das Oberrohr am hinteren Ende stark korrodiert war.
Ich bin ein bisschen selbst Schuld daran. Als der Rahmen neu war, also 2008, gab es ein Problem mit der Scheibenbremsaufnahme. Sie war falsch angelötet, vermutlich für einen kleineren Scheibendurchmesser. Das Rad musste noch mal zurück zu Nöll, wurde entlackt, umgelötet und wieder neu pulverbeschichtet. Ein winziger Lackfehler war beim zweiten Mal durch die Qualitätssicherung gerutscht. Es war nur ein ganz kleiner Fleck am Oberrohr. Ich hatte einfach keine Nervern mehr, den Rahmen ein zweites Mal zurückgehen zu lassen; ich wollt endlich damit fahren. Also habe ich es so gelassen, wie es war.
Tja, Pech gehabt. Nach dem Entlacken konnte man die Misere bestaunen. Nöll hat mir jedenfalls ein neues Oberrohr eingezogen und neues Pulver aufgebracht. Jetzt dauert es hoffentlich wieder mindestens 14 Jahre, bis etwas kaputt geht.
Aktuelle Komponenten
Bauteil | Spezifikation |
Rahmen | Nöll M5 Space Maßrahmen, Baujahr 2008 |
Gabel | Magura Durin 80 |
Steuersatz | Chris King NoThreadset |
Vorbau | Syntace F109, 109 mm |
Lenker | Syntace Duraflite Carbon Flat |
Sattelstütze | Syntace P6 Carbon |
Sattel | Selle Italia Flite |
Innenlager | Shimano XTR SM-BB90 |
Kurbeln | Shimano XTR FC-M970, 175 mm, 44-32-22 |
Pedale | Shimano PD-M970 |
Kassette | Shimano XTR CS-M970, 12-34 |
Kette | Shimano Dura-Ace CN-7701 |
Schaltwerk | Shimano XTR RD-M972, GS |
Umwerfer | Shimano XTR FD-M970 |
Schalthebel | Shimano XTR SL-M970-A |
Bremsen | Shimano XTR BR-M975 |
Bremsscheiben | Shimano XTR SM-RT97M, 180/160 mm |
Bremshebel | Shimano XTR BL-M975 |
Nabe vorn | DT Swiss 240 |
Nabe hinten | DT Swiss XR 350 |
Speichen | DT Swiss Supercomp 2,0/1,7/1,8 |
Felge vorn | DT Swiss XR 4.2 |
Felge hinten | DT Swiss XR 350 |
Reifen | Schwalbe Hans Dampf Evolution |
Schläuche | Schwalbe SV 14 |
Schnellspanner | DT Swiss RWS Titan |
Änderungen und Reparaturen
- 09/2011: Neue Reifen
- 09/2011: Neuer, breiterer Lenker und Wegfall der Hörnchen.
- 01/2011: Neue Frontbremse (auf Garantie) nachdem sich ein Montagefehler gezeigt hat, der zu Druckverlust führte.
- 02/2012: Neue Felge hinten (DT XR 350) nach Durchschlag.
- 04/2012: Neue Reifen. Ich habe nach einem Sturz wegen eines offensichtlichen Verarbeitungsfehlers keine Lust mehr auf Schwalbe. Ich versuche es jetzt mal mit Continental.
- 05/2014: Zahlreiche Verschleißteile ersetzt (Kette, Kassette, zwei Kettenblätter, Bremsschuhe und Reifen). Nun fahre ich doch wieder Schwalbe, diesmal den Rocket Ron, den ich als Kulanz für meinen Sturz bekommen habe.
- 01/2021: Neue Reifen, diesmal Schwalbe Hans Dampf für bessere Schlamm- und Schneetauglichkeit.
- 03/2022: Neuer Lack als letzte Chance beim inzwischen pensionierten Hersteller. Dabei bekommt der Rahmen ein neues Oberrohr wegen eines Korrsionsschadens.